Bishop Edward King Chapel - Baumeister

November 2015

Text Anne Schabel
Images Dennis Gilbert

In England herrscht ein ganz besonderes Licht, sanft und bewegt. Wolken jagen über den Himmel, durch die salzige Luft und den Wind wirkt alles klar und doch gedämpft. Im Sommer bleibt es hell bis um zehn Uhr abends. Auch die viktorianischen Architekten spielten schon mit diesem Licht, Kirchtürme und Portiken aus gelblichem Kalkstein sind fein detailliert und fangen in Kuhlen und Ecken das Licht und den violetten Schatten ein.

In diesem typischen Licht steht auf einem windigen Hügel in der Nähe von Oxford eine Riesenbuche. Der Blick geht von hier über Weizenfelder bis zum nächsten Dorf, das so aussieht, als hätten dort schon immer Menschen gesiedelt. Bei der Buche stehen ein paar gelbe Kalksteingebäude – ein Theologie-College, das im 19. Jahrhundert vom Architekten G. E. Street als neugotisches Kloster konzipiert wurde. In einem Kreis aus ungewöhnlichen Bäumen – fast wie in einem Arboretum – ist nun neuerdings die Bischof- Edward-King-Kapelle dazu gekommen.

Tim Allen-Both, Associate bei Niall McLaughlin Architects, sagt, dass der Entwurf zwei Prinzipien zusammenbringt: eine Vertiefung im Boden als Ort der Versammlung und Einkehr und darüber ein umgekehrtes Boot als ein spirituelles Element, das nach oben leitet. Die Form des Hauptraums war ihnen bald klar: Es sollte eine Ellipse werden. Die Idee dazu stammte von den englischen go tischen Kathedralen, in denen sich der Chor, nach Stimmlagen aufgeteilt, gegenüber sitzt und mit aufeinander antwortenden Gesängen die Messe zelebriert. Diese Anordnung wurde aufgegriffen, aber in ein Rund gefügt. Und tatsächlich, die Akustik in der Kapelle ist wunderbar, mit langem Nachhall-Ideal für getragene Kirchenlieder. Englands gotische Kathedralen und auch Rudolf Schwarz’ Kirche St. Michael in Frankfurt beeinflussten den Grundriss: Anstatt die verschiedenen Räume in eine kubischen Hülle zu integrieren ist der Plan unregelmäßig, mit Ecken, Ausbuchtungen und kleineren Räumen, die einfach an die Ellipse andocken.

Kunstvolle Mauerwerksschale…

Der Bau des Gebäudes war keineswegs einfach und dauerte fast zwei Jahre. Die Baukosten beliefen sich auf etwa drei Millionen Euro. Die Außenhaut besteht aus dreierlei Schichten Stein: in Augenhöhe glatt und passgenau gesetzte Kalksteinquader, ab da kleinere Steine immer abwechselnd rau und glatt versetzt, so dass sich eine spiralige Kruste um das Gebäude legt. Nicht nur die vertikalen Steine soliten genau übereinander fluchten, sondern auch die Spiralfugen sollten gerade verlaufen Die polnischen Maurer arbeiteten durchgehend nach Augenmaß, um dies zu erreichen. Den Abschluss bildet ein Obergaden.

Die innere Holzkonstruktion von schlanken Holzsäulen trägt auch das Dach. Säulen und Deckenträger wurden aus verleimten Holzschichten vorgefertigt und in Teilen geliefert. Dies war erst möglich, als die Außenwand Fensterhöhe erreicht hatte: Mit einem Kran wurden die Fertigteile in das Gebäude gehoben und vorerst über einem Gerüst befestigt. Sie stehen auf Stahlstützen, die anschließend in den Beton eingegossen wur- den. Damit die Verbindungen versteckt werden konnten, entwickelten die Holzbauspezialisten ein ganz neues Detail, in dem ein rautenförmiger Stab mit versenkten Stiften von oben ins Holz eingesetzt wurde. Auch die Stromkabel der Deckenlampen mussten durch diese Verbindung geleitet werden, so dass die Lampen nun genau unter den Vierungen hängen.

…mit hölzernem Gerippe im Inneren

Am Ende ist ein Gebäude entstanden, das Ruhe und Würde ausstrahlt. Die Kapelle vereint große Handwerkskunst mit minimalistisch glatten Oberflächen. Die weiß lasierte Holzstruktur bildet ein Haus im Haus, umrundet von einem Wandelgang. Die Außenwände sind mit Kalk verputzt: glatt poliert bis Kopfhöhe, dann rau. Man kann hier noch den Abdruck der Kellen sehen, den Schwung der Maurer, so fallen einem die kleinen Waldund Wiesenkapellen ein, die immer zeigen, wie sie gemacht wurden. Im Gegensatz dazu könnten die Holzsäulen auch ein Papiermodell sein – sie sind dünn und scharfkantig wie Schiffswanten oder Rippen, ähnlich wie das Innere des Walfischs, der Jonas verschluckte. Die tiefen Laibungen der Fenster und Seitenräume erinnern an Le Corbusiers La Tourette.

Tauben gurren und Bäume rauschen. Man ist von der besonderen Akustik, aber vor allem vom Spiel der Lichts gefangen. „Die Säulen wachsen in die Wipfel, um das Licht der Blätter einzufangen“, sagt Niall McLaughlin. Die Deckenstruktur und die Fensterpfosten kreuzen sich und ergeben ein ornamentales Muster, das Sonnenflecken auf den Bänken und auf dem Boden tanzen lässt. In diesem monochromen Raum, zwischen den weißen, gerundeten Wänden und den Säulen, entsteht plötzlich etwas, das selbst die Architekten überrascht: Wie über Noahs Arche erscheint ein Regenbogen, den die prismatischen Kanten der Fensterflügel aus dem Sonnenlicht zaubern.

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